Wissenschaftler:innen vom Forschungszentrum Helmholtz Munich berechnen die Kosten und Nutzen bevölkerungsweiter Früherkennungstests. Unser Fazit: Betroffene profitieren von der Investition in Früherkennung.
Die Forschenden werteten die Ergebnisse von über 180.000 Test aus, die in Deutschland seit 2015 im Rahmen der Fr1da – Studie von Helmholtz Munich durchgeführt wurden. Grundsätzlich zeigt die Studie: Ein bevölkerungsweites Screening ist machbar, und viele Familien nehmen das Angebot eines Früherkennungstests an.
Beratung und Begleitung für betroffene Familien
Familien, in denen ein (Klein-)Kind die Diagnose Prädiabetes erhält, brauchen im Weiteren kinderärztliche Betreuung. Der Blutzucker- und HbA1c-Wert der betroffenen Kinder wird regelmäßig kontrolliert, gelegentlich werden auch Glukosetoleranztests oder längere Messungen per Sensor durchgeführt. Tauchen Ängste und Sorgen angesichts der Perspektive auf ein Leben mit der chronischen Erkrankung auf, brauchen die Familien für deren Bewältigung angemessene Begleitung und Beratung. Die Modelle der Münchner Forschenden ergeben, dass bei einem flächendeckenden Screening von Kindern die Anzahl der Kinder, die aufgrund eines Typ-1-Diabetes in ärztlicher Betreuung sind, um 60% steigen würde.
„Diese Schätzungen bieten eine Grundlage dafür, die tatsächlichen Gesundheitskosten zu berechnen, die mit einem flächendeckenden Früherkennungsscreening einhergehen“, heißt es in der Veröffentlichung im Fachjournal Lancet Diabetes & Endocrinology.
Erhebliche Vorteile im Verlauf der Krankheit
Die zu erwartenden Kosten für die Früherkennung von Typ-1-Diabetes im präsymptomatischen Stadium sind ins Verhältnis zu setzen mit den erheblichen Vorteilen, die sie für die Betroffenen bedeutet. Die besseren gesundheitlichen Aussichten bergen auch die Perspektive finanzieller Erleichterungen für das Gesundheitssystem. So ließe sich die Anzahl der Menschen, die wegen einer diabetischen Ketoazidose stationär behandelt werden müssen, drastisch reduzieren. Nicht nur wären Betroffene und Angehörige derart geschult, dass sie auftretende Symptome frühzeitig einzuordnen wüssten. Durch die regelmäßigen Kontrollen müsste es in vielen Fällen gar nicht erst zu schweren Symptomen wie Gewichtsverlust kommen. Die Dauer der Krankenhausaufenthalte bei der Diagnose könnte sich um etwa ein Fünftel verkürzen und auch langfristig ermöglicht der ‘sanfte Einstieg’ ein besseres Management der Erkrankung.
Frühere Forschungsstudien deuten zudem darauf hin, dass der Verlauf eines Typ-1-Diabetes langfristig milder ausfallen und weniger Spätfolgen nach sich ziehen kann, wenn die Betroffenen zum Zeitpunkt der Manifestation keine Ketoazidose erleiden.
Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. befürwortet die Forschung zu Früherkennung presymptomatischen Typ-1-Diabetes und hat diese Studie finanziell unterstützt.