Hilfsangebot mit Herz

Pause für die Teilnehmenden der Ausbildung zum Diabetes-Lotsen/Diabetes-Teilhabeassistenten (DIAB-TA) im Kräutergarten des Evangelischen Augustinerklosters zu Erfurt ©DieterMöhler

Die Diabetikerstiftung Mittelpunkt Mensch hat ihre Ausbildung zum Diabeteslotsen überarbeitet. Derzeit läuft der erste Ausbildungsgang nach dem neuen Konzept. Die Abschlussprüfung qualifiziert zum Diabetesteilhabeassistenten. Warum er Lotse sein möchte, schildert Robert Krüger.

„Welche Rechte habe ich? Welche Therapie ist für mich geeignet? Und wer übernimmt die Kosten?“ Menschen mit Diabetes sehen sich mit einer Flut von Fragen konfrontiert, gerade in der Zeit nach der Diagnose. Robert Krüger, Vorsitzender des DDB Regionalverbandes Nord, möchte Menschen in dieser Situation helfen: „Ich möchte sie ein Stück weit durch den Versorgungs—Dschungel leiten“, sagt er. „Und ihnen vor allem vermitteln, dass Diabetes nicht den Weltuntergang bedeutet.“ Deshalb lässt der 41-jährige sich zum Diabetes Lotsen ausbilden. Die Schulung veranstaltet die Diabetikerstiftung Mittelpunkt Mensch, die der DDB im Jahr 2011 gegründet hat. In dem Jahr, in dem auch Krüger die Diagnose Diabetes erhielt.

Niedrigschwelliges Angebot

„Wir haben als Diabetikerstiftung Mittelpunkt Mensch erkannt, dass das Leben mit Diabetes im Alltag ständig hohe Anforderungen stellt, die in unserem Gesundheitssystem nicht von den dortigen Leistungserbringern erbracht werden können. So haben wir das bisherige Lotsen- und Coachingmodell weiterentwickelt zum Diabetesteilhabeassistenten (DIAB I TA)“, erklärt der Stiftungsvorsitzende Dieter Möhler. „Mit diesem Modell haben wir ein niedrigschwelliges Hilfsangebot mit Herz entwickelt für Zielgruppen, die immer größere Bedeutung erlangen.“ 

Therapie, Rechtliches und Teilhabe

An drei Wochenenden kommen die Auszubildenden zusammen, am Ende stehen zwei Prüfungen. Am ersten Wochenende, das Mitte Juli stattfand, standen medizinische Themen auf dem Programm. „Dazu gehören etwa die kontinuierliche Glukosemessung und AID-Systeme sowie Überlegungen zu Time in Range als Interpretationshilfe für die Aussagekraft des HbA1c-Wertes“, erläutert Möhler.
„Vieles kam mir als Betroffener natürlich bekannt vor“, sagt Ausbildungsteilnehmer Robert Krüger. „Es ist aber sehr sinnvoll, das eigenen Wissen aufzufrischen und zu ergänzen und auch Neuigkeiten in Technik und Therapieformen kennenzulernen.“ Das zweite Wochenende im August bestimmen rechtliche Themen etwa rund um den Grad der Behinderung, Kostenübernahmen oder auch die Fahrerlaubnis für Menschen mit Diabetes. „Es ist wichtig zu wissen, wie weit ich die Menschen, die ich begleite, auch beraten darf, wo die juristischen Grenzen sind und wer im Zweifelsfall der richtige Ansprechpartner ist“, sagt Robert Krüger. Beim dritten Kursmodul im November werden dann unter anderem Vorsorge und Folgeschäden, Lebensstil und Selbstkontrolle auf dem Programm stehen. Inhalte des Bundesteilhabegesetzes sind Thema des vierten Kursmoduls, das im ersten Quartal 2024 stattfinden wird.

Wer sich für eine Ausbildung zum Diabeteslotsen / Diabetesteilhabeassistenten (DIAB I TA) der Diabetikerstiftung Mittelpunkt Mensch interessiert, findet weiterführende Informationen unter http://diabetikerstiftung.info oder kann sich per Email an mail@diabetikerstiftung.info wenden.

„Das Leben geht weiter!“

Neben den offiziellen Inhalten der Fortbildung ist Robert Krüger der Austausch mit den anderen Auszubildenden besonders wichtig. „In kleiner Runde führen wir sehr intensive Gespräche“, erzählt er. „Dabei können wir immer wieder von den Kompetenzen der anderen lernen und profitieren.“ 
Krüger liegen besonders Eltern von Kindern mit Diabetes am Herzen. „Als Erwachsener Diabetiker muss ich mich ja nur um mich selbst kümmern“, sagt er. „Für Eltern ist das ganz anders: Sie fühlen sich für das Wohl ihrer Kinder verantwortlich, sorgen sich um sie und müssen das Familienleben mit Diabetes managen.“ Und das könne auch schon mal weh tun – ob der Piks zum blutigen Messen oder die Erfahrung der Ausgrenzung, die Kinder machen. „Da ist es mir wichtig, den Eltern eine Perspektive zu geben“, betont Robert Krüger. Seine Hoffnung: Vielleicht hilft es Kindern und Eltern manchmal, dass er einfach da ist und zeigt, dass man ein Leben mit Diabetes meistern kann. „Ja, es tut manchmal weh. Aber dann geht es auch wieder weiter!“

Im Fokus: Kinder und Ältere

Kinder und Jugendliche als eine der wichtigsten Zielgruppen hatte auch die Diabetikerstiftung im Blick, als sie die Ausbildungsinhalte zusammenstellte. „Sie müssen regelmäßig lernen, hochtechnisierte Therapie außerhalb der medizinischen Leistungsangebote im Alltag zu beherrschen und die richtigen Entscheidungen nach den Vorgaben der Diabetologen treffen“, schildert Dieter Möhler die Herausforderungen für junge Menschen und ihre Familien. Die Lotsen können Eltern entlasten und Kinder in ihrer Selbstständigkeit fördern und stärken. Das ist, so Möhler, eine Aufgabe für ‘befähigte Patienten“ – wobei nicht alle Lotsinnen und Lotsen zwangsläufig selbst Diabetes haben müssen. Eine zweite Fokusgruppe der Lots:innen sind ältere Menschen mit Diabetes. Sie sind häufig durch weitere Erkrankungen zusätzlich belastet und mit dem Management ihrer Diabetestherapie ge- bis überfordert. Die Lots:innen können sicherstellen, dass auch ältere Menschen auf dem aktuellen Stand der Technik und Therapieansätze versorgt sind.

In der ersten Prüfung nach den gemeinsamen Schulungswochenenden werden die Inhalte der Ausbildung abgefragt. Bestehen die – derzeit 15 – Teilnehmenden auch die zweite Prüfung, sind sie als Diabetesteilhabeassistent:innen qualifiziert. Sie können beispielsweise über Wohlfahrtsverbände oder Assistenzagenturen mit den Betroffenen zusammengebracht werden und haupt- oder auch ehrenamtlich tätig sein.

Über Uns

Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. besteht aus dem Bundesverband und 8 Landes- bzw. Regionalverbänden. Kompetente Ansprechpartner finden Sie in der Bundes- und den Landesgeschäftsstellen, bei unseren Diabeteslotsen und Sozialreferenten, in Selbsthilfegruppen und bei den Rechtsanwälten aus dem Rechtsberatungsnetz des DDB.

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