Familien trifft es oft wie aus heiterem Himmel: Der vermeintliche Infekt oder eine ‘antriebslose Phase’ des Kindes entpuppt sich als Typ-1-Diabetes. Plötzlich steht das Leben Kopf. Oft ist die Diagnose mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden. Und hinterher ist nichts mehr, wie es war. Sorgen und Einschränkungen bestimmen das Leben.
Kinder leisten Heldenhaftes
Dass Kinder mit Typ-1-Diabetes im Alltag heldenhaftes leisten – darauf machen das Forschungszentrum Helmholtz Munich und die Globale Plattform für die Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD) mit einer Fotokampagne aufmerksam. Den ganzen März über zeigen Plakatwände in München, Hannover und Dresden unter dem Titel „K1DS ARE HEROES“ kleine Helden, die den Alltag in Schule und Kindergarten trotz Diabetes meistern. Die sich mit der Technik anfreunden, die sie Tag und Nacht begleitet und über ihr Wohlbefinden bestimmt. Die Unverständnis und Ausgrenzung aushalten müssen und sich ihnen entgegenstellen.
Kleine Forscher
Am 27. Februar startete die Kampagne mit einer großen Pressekonferenz in Berlin, bei der auch unsere Vorsitzende Sandra Schneller sprach. Wissenschaftler vom Helmholtz Munich hoben dort auch den Beitrag hervor, den Kinder zur Erforschung der Krankheit geleistet haben. Zehntausende ließen sich Blut abnehmen. Die Forschenden konnten mithilfe der Blutproben Merkmale bestimmen, an denen ein Typ-1-Diabetes zu erkennen ist, bevor Symptome auftreten. Für die Studie sind viele der Kinder regelmäßig in die Studienzentren gekommen, um sich untersuchen zu lassen.
Einfacher Test zur Früherkennung
So konnte ein diagnostischer Test entwickelt werden, der anzeigt, wer ein erhöhtes Risiko hat, dass die Krankheit innerhalb weniger Jahre bei ihm ausbricht. Der Test soll nun möglichst zeitnah fester Bestandteil der regulären Vorsorgeuntersuchungen für Kinder werden. England und Italien haben entsprechende Regelungen bereits auf den Weg gebracht.
Früher erkennen, gesünder leben
Vier von 1000 Kindern erkranken jedes Jahr neu an Typ-1-Diabetes. Die Früherkennung würde für sie und ihre Familien den Schock der Diagnose mildern. Sie gäbe ihnen Zeit, sich auf das Management der Erkrankung einzustellen. Und: Je früher Diabetiker:innen heute ihre Diagnose bekommen, desto gesünder leben sie ihr ganzes Leben lang – ein unermesslicher Gewinn für die Lebensqualität! Der DDB unterstützt deshalb Forschende bei Helmholtz Munich, die die Früherkennung weiterentwickeln und Möglichkeiten der Prävention für Menschen mit erhöhtem Risiko ausloten.
Neue Therapie verzögert Ausbruch von Symptomen
Und seit kurzem gibt es ein weiteres gewichtiges Argument für die Aufnahme der Frühtests in die Regelversorgung bei Kindern: ein Medikament, das den Ausbruch der Symptome um Monate bis Jahre verzögern kann, wenn es frühzeitig angewendet wird. In den USA wurde das Medikament namens Teplizumab Ende des Jahres 2022 zugelassen. Auch ein altbekanntes Blutdruckmedikament könnte das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Es scheint die Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zu schützen.
Hoffnungsvolle Perspektiven
Die Kombination von früher Diagnose und verzögernder Behandlung eröffnet ganz neue Perspektiven. „Man bekommt fast ein bisschen Hoffnung, die Krankheit könnte – wenn frühzeitig erkannt – irgendwann geheilt werden…“, sagt Sandra Schneller. Jetzt ist es wichtig, die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge zu gehen. Als Interessenvertreterin der Patienten und Mitglied im gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der über die Aufnahme von Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet, sagt Sandra Schneller: „Es ist wichtig, dass wir bei der Entwicklung die verschiedenen Perspektiven konsequent zusammenführen: die der Forschung, der regulatorischen Anforderungen und der Versorgung. Auch die Bedürfnisse der Betroffenen müssen von vornherein beachtet werden. Nur so kann ein nützliches Produkt entstehen und für Betroffene verfügbar gemacht werden – sei es ein diagnostischer Test oder ein Medikament.“