Voller Erfolg: DDB Familienwochenende auf Fehmarn

Teilnehmende Kinder und Jugendliche am Familienwochenende fahren mit der Wildwasserbahn
Spaß und gemeinsame Erlebnisse: Am Familienwochenende besuchten wir den Hansapark. Ein Highlight war die Fahrt mit der Wildwasserbahn - die Pumpen blieben währenddessen lieber auf dem Trockenen.

Ostseebaden und wilde Karusselfahrten, wichtige Informationen zur Versorgung und wertvolle persönliche Gespräche über Freuden und Hürden – das war das diesjährige DDB Familienwochenende auf Fehmarn. Einziger Wermutstropfen der Teilnehmenden: Etwas länger hätte sie gerne sein dürfen, die gemeinsame Zeit.

Die Rucksäcke sind gepackt. Pen mit Nadeln, Traubenzucker, Notfallspray – und jede Menge Abenteuerlust haben die Kinder dabei. Letzte Checks vor der Abfahrt: „Hast Du heute früh basal gespritzt? Ersatzpflaster einstecken?“ Los geht’s.

Pumpe ab wenn’s wild wird

Wir fahren von Burg auf Fehmarn nach Sierksdorf. Der Tag im dortigen Hansapark bildet den krönenden Abschluss unseres gemeinsamen Wochenendes an der Ostsee. Kettenkarussel, Achterbahn und Schiffschaukel lassen das Herz in den Bauch rutschen. Vor der Wildwasserbahn drücken zwei Mädchen ihren Müttern die Pumpen in die Hand, die sollen trocken bleiben – im Gegensatz zu ihren Besitzerinnen. Doch kurz vor der Mittagspause gibt es eine Schrecksekunde: Malinas Rucksack ist weg, und damit ihr Insulin. Ist er bei der Schiffschaukel liegen geblieben, der Achterbahn oder noch beim Kettenkarussell? Mutter Jana lässt sofort bei der Information anrufen und nach Fundsachen fragen, dort ist aber bisher nichts abgegeben worden. Malinas kleiner Bruder möchte Karussell fahren, doch dafür haben die Eltern jetzt keine Muße. Erst muss der Rucksack wieder her. Die wachsende Unruhe ist spürbar, auch wenn andere natürlich sofort Hilfe anbieten: „Wir haben noch Pens im Auto.“ 

Wohltuendes Verständnis

Es sind Momente wie dieser, die die Teilnehmenden verbinden. „Ich kann mich in den Schilderungen der anderen wiederfinden“, sagt eine Mutter über die Gespräche während des Familienwochenendes. Erlebtes zu teilen und Verständnis zu ernten, ohne viel erklären zu müssen, „das tut einfach gut.“ Auch die Kinder fühlen sich wohl unter Gleichaltrigen mit ähnlichen Themen. So rückt der ständige Begleiter Diabetes während der gemeinsamen Unternehmungen auch einfach mal in den Hintergrund. In Gesprächsrunden am Samstag wurden zahlreiche Fragen beackert, die Familien im Alltag beschäftigen. Wie macht ihr das mit der Schule, dem Kindergarten? Wer hat schon mal Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch genommen? Und wie konnte es überhaupt sein, dass wir ohne Pumpe aus dem Krankenhaus entlassen wurden? Auf Vieles kennen andere Betroffene Antworten und geben Tipps. Und immer tut es gut zu wissen, dass man mit den Fragen und Problemen nicht alleine ist.

Ein Dauerbrenner ist das Thema Ernährung: Wie würdet ihr das bolen? Löffel, Becher, Stückzahl – wie schätzt ihr die Kohlehydrate einer Mahlzeit? „Dieser Berg Kartoffeln auf dem Teller hat mich gestern schon wieder fertig gemacht…“, stöhnt eine Mutter mit einem erschöpften Lachen. Zum Glück ist Diätassistentin Kathi als Referentin mit der Gruppe angereist und kann Rat geben.

„Es braucht einheitliche Regelungen!“

Mit uns auf Fehmarn war auch Autorin Maren Sturny. Seit der Diabetes Typ 1 Diagnose ihrer Tochter im Sommer 2019 hat sie sich zur Ansprechpartnerin in Sachen Diabetesalltag mit Kindern und Fürsprecherin für betroffene Familien entwickelt. Gerade schreibt sie ihr zweites Buch. Sturny fasst zusammen: Es kristallisieren sich immer wieder Schwerpunkte heraus, an denen es besonders knifflig für Familien ist. Dazu gehören Pflegegrad, Grad der Behinderung, das Merkzeichen H, die Assistenz oder Begleitung in Schule und Kita. „Wir brauchen in diesen Dingen dringend bundeseinheitliche und kassenübergreifende Regelungen!“, fordert Sturny. „Wie kann es sein, dass eine Familie mit vergleichbaren Voraussetzungen drei Straßen weiter einen anderen Pflegegrad bekommt? Dass dem Widerspruch in einem Land stattgegeben wird, während er im nächsten abprallt? Und warum müssen die sowieso oftmals schon überforderten Familien in diesen Dingen überhaupt kämpfen?“ Sturny plädiert für klare und einfache Regelungen: „Gerade im Vor- und Grundschulalter sind die Bedingungen für und Anforderungen an Kinder mit Diabetes und ihre Eltern heutzutage durchaus vergleichbar“, schätzt sie. Warum die Einen erhebliche steuerliche Erleichterungen, finanzielle und praktische Unterstützung bekämen, die Anderen vorenthalten blieben, sei völlig unverständlich.

Wegweiser und Begleitung fehlen oft

Insbesondere kurz nach der Diagnose fühlen sich Familien zudem völlig allein gelassen mit dem Wust an Bürokratie, den sie zu bewältigen haben. Wer weiss denn schon, dass es einen Fachbereich Integration gibt, wo ist der angesiedelt und was macht der überhaupt? Was ist Eingliederungshilfe, wer übernimmt die Kosten für diese oder jene Leistung, und wer ist mein Ansprechpartner dafür?! Viele wünschen sich übersichtliche Handreichungen als Wegweiser auf dieser steinigen Strecke. Völlig außer Acht gelassen würde zudem oft das psychische Wohlergehen der geschockten Familien: „Ich hätte mir so gewünscht, dass jemand uns professionell begleitet in der Trauerphase nach der Diagnose“, sagte eine Mutter.

Kinderärzte: Diabetes in die Keynotes!

Ein weiteres Dauerthema ist die Aufklärung über Diabetes. Dabei darf die Verantwortung nicht auf Eltern abgeschoben werden, betont Maren Sturny. „Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Kinderärtz:innen auf die Eltern zugehen und nicht andersherum“, sagt sie. „Dazu sollten sie verpflichtet sein und es kann zum Beispiel im Rahmen der U-Untersuchungen stattfinden.“ Sturny besucht Fachkonferenzen für Kinderärzt:innen und versucht, deren Wahrnehmung zu schärfen für ihrer Schlüsselrolle als erste Ansprechpartner:innen für Eltern in Sachen Typ-1-Diabetes. „Früherkennung, Symptome und die Unterscheidung der einzelnen Formen könnten bundesweit noch stärker thematisiert werden“, meint Sturny. „Diabetes gehört in die Keynotes kinderärztlicher Fachkonferenzen!“- also in die zentralen Vorträge für alle Teilnehmenden dieser Tagungen. Die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Jugendlichen ist kein Randthema und darf nicht in Diskussionen in Nebensälen verschwinden.

DANKE
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die dieses wundervolle Wochenende ermöglicht und mit gestaltet haben, die uns als Referentinnen, in der Orga und bei der Kinderbetreuung tatkräftig unterstützt und die Technik betreut haben. Dank gilt auch unseren Unterstützern Abbot und Merck Sharp & Dohme. Und wir danken allen Familien, die in diesem Jahr dabei waren. Schön, dass ihr gekommen seid! Wir freuen uns auf’s nächste Mal.

Entspannter Ausklang

Die angespannte Suche nach Malinas Rucksack dauert zum Glück nur kurz, er findet sich an der Wildwasserbahn. Mutter Jana atmet auf und wischt sich eine Träne der Erleichterung von der Wange – der Stress fällt von ihr ab. „Man kann ja gar nicht anders, als sich immer das Schlimmste auszumalen…“, seufzt sie. Jetzt aber kann sie entspannt mit ihrem Jüngsten Karussell fahren – und gemeinsam mit der Gruppe Mittagspause machen. Currywurst mit Pommes? „Sieben KE“, schätzt Diätassistentin Kathi mit geschultem Blick. „Den Bolus geb ich aber erst ein, wenn ich sehe, wieviel ich tatsächlich davon geschafft habe“, sagt DDB Jugendreferentin Juliane Gericke, die das Wochenende angeleitet hat. Ob sie nach der Pause den Fallturm anpeilt oder doch den Superlooping, das verrät sie dagegen nicht.

Über Uns

Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. besteht aus dem Bundesverband und 8 Landes- bzw. Regionalverbänden. Kompetente Ansprechpartner finden Sie in der Bundes- und den Landesgeschäftsstellen, bei unseren Diabeteslotsen und Sozialreferenten, in Selbsthilfegruppen und bei den Rechtsanwälten aus dem Rechtsberatungsnetz des DDB.

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