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1. Stärkung der Selbsthilfe, Förderung der Selbsthilfe, Stärkung der Patientenrechte

Der Deutsche Diabetiker Bund ist eingebettet in den Deutschen Behindertenrat. Dort nimmt er, unbeeinflusst von Überlegungen Dritter, auch anderer Patientenverbände, inhaltlich die Interessenvertretung für die Diabetikerinnen und Diabetiker in Deutschland wahr. Diese Einbettung ermöglicht die vollumfassende Wahrnehmung der Patienteninteressen nach den gesetzlichen Vorgaben des § 140 f SGB V. Eine Einmischung anderer Verbände in die Interessenwahrnehmung wird abgelehnt. Solchen fehlt es zum einen in den häufigsten Fällen an der entsprechenden Kenntnis medizinischer und/oder sozialer Belange aus der Betroffenenerfahrung heraus oder es mangelt an der Unabhängigkeit insbesondere von den Interessen der Leistungserbringer.

Eingebettet über den Deutschen Behindertenrat, dort als Mitglied über die BAG Selbsthilfe, werden Forderungen an die Koalitionäre aus CDU/CSU und SPD gestellt nach Stärkung der Selbsthilfe, Förderung der Selbsthilfe und Stärkung der Patientenrechte.

Angesichts der alternden Bevölkerung und einer fortschreitenden Lebenserwartung der Diabetikerinnen und Diabetiker in Deutschland wird die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes in Deutschland zur Sicherung sozialer Teilhabe gefordert.

2. Neugestaltung der Patientenvertretung

Der Deutsche Diabetiker Bund verlangt eine gesetzliche Neugestaltung der Patientenvertretung.
Hier ist von zentraler Bedeutung die Einführung eines Stimmrechtes für Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss. Gesetzlich zu beseitigen ist die Gefahr des Entstehens einer Hierarchie zwischen ständiger Patientenvertretung und themenbezogener Patientenvertretung, die sich durch folgende Mängel auszeichnet:

− Die ständige Patientenvertretung ist nicht durchgängig demokratisch legitimiert mittels entsprechend in der anerkannten Patientenorganisation organisierter Wahlen. Es muss gewährleistet sein, dass eine Abberufung ständiger Patientenvertreter innerhalb der eigenen anerkannten Patientenorganisationen ermöglicht wird. Die inhaltliche Ausgestaltung der Themen muss ausgerichtet an den Interessen der chronisch Kranken den einzelnen Mitgliedsorganisationen auf Patientenebene überlassen bleiben. Es sind Regularien zu schaffen, dass Tätigkeiten nach Fristablauf enden oder aus wichtigen Gründen durch demokratische Entscheidung möglich sind.

− Zu den Themen, die einen inhaltlichen Bezug zur Krankheit Diabetes mellitus aufweisen, muss eine durchgängige ständige themenbezogene Patientenvertretung gewährleistet sein. Die jetzige Handhabung, (vielfach unter Außerachtlassung bestehender Ladungsfristen) themenbezogene Vertreter weder durchgängig, noch in jedem Einzelfall am Verfahren teilhaben zu lassen, muss beendet werden.
Es bedarf der gesetzlichen Klarstellung hinsichtlich der streitig gewordenen Frage, dass auch jeder themenbezogene Patientenvertreter losgelöst von der eigenen anerkannten Patientenorganisation oder gar der Patientenbeteiligung insgesamt, eigene Anträge stellen kann, da ansonsten die inhaltliche unbeeinflusste Ausgestaltung der Patienteninteressen, so wie ursprünglich von den Statuten des Deutschen Behindertenrates garantiert, gar nicht stattfinden kann.

3. Ausrichtung der Patietenvertretung

Die Patientenvertretung muss von den Fraktionen, die die große Koalition bilden, nicht neu erfunden, sondern inhaltlich im Hinblick auf die ursprünglichen gesetzgeberischen Ziele, nach den obigen Überlegungen ausgerichtet werden.

Abzulehnen ist in diesem Zusammenhang der SPD-Vorschlag, statt der bisherigen Form der Patientenvertretung, eine neue Stiftung zu schaffen. Die Selbsthilfelandschaft als solche würde insoweit nicht mehr angemessen abgebildet. Es besteht die Gefahr, dass ideologische Gruppierungen innerhalb der Stiftung Fuß fassen und die Betroffenenkompetenz verdrängen würden.

Die Vorstellung des SPD Vorsitzenden Siegmar Gabriel, nach englischem Vorbild eine "Bürgerkammer mit Schöffen" zu schaffen, wird abgelehnt, solange nicht gewährleistet ist, dass die Interessen der Selbsthilfe ausreichend berücksichtigt werden und insoweit insbesondere bei der Auswahl solcher Schöffen nach demokratischem Vorbild und nach festzulegendem Umfang für die jeweiligen chronischen Erkrankungen wie auch Diabetes mellitus eine zahlenmäßige Mindestbeteiligung durch Betroffene aus der Selbsthilfe gesichert sind.

Die Betroffenenkompetenz im Gemeinsamen Bundesausschuss wird im Bereich Diabetes mellitus durch die Selbsthilfeorganisation Deutscher Diabetiker Bund e.V. eingebracht. Nicht betroffene Bürger, die dann Schöffen wären, könnten diese nicht ersetzen. Ebenso wenig könnten Fachverbände und auch Nicht-Verbände, die sich als Selbsthilfeverbände gerieren, allerdings der Weisungskompetenz übergeordneter Leistungserbringerverbände unterworfen sind und sich von dort die Geschäfte besorgen lassen, die Betroffenenkompetenz für sich in Anspruch nehmen.

Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. bezieht ausdrücklich nicht Bezug zur Frage bei der Gestaltung der Krankenversicherung, ob das Modell von CDU/CSU ("Kopfpauschale") oder das Modell der SPD ("Bürgerversicherung") zu favorisieren ist.
Der Deutsche Diabetiker Bund e. V. stellt fest, dass aus seiner Sicht eine Angleichung der bestehenden Versicherungssysteme im Hinblick auf die Leistungen vorgenommen werden sollte.

4. Patientenpräferenzen

Der Deutsche Diabetiker Bund e. V. spricht sich für ein gesetzgeberisches Eingreifen im Hinblick auf die Geltendmachung von Patientenpräferenzen im Rahmen von Nutzenbewertungen aus.

Im Rahmen bisher bestehender Regelungen wird gerügt, dass durch die bestehenden Regelungen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) die Fachärzte und Facharztgesellschaften bei den Beratungen häufig nicht oder nur unzureichend hinzugezogen werden. Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. steht insbesondere für eine vermehrte Berücksichtigung nationaler Versorgungsleitlinien ein, soweit diese durchgängig von den medizinischen Fachkreisen (Fachärzte, Facharztgesellschaften) als dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechend angesehen und angewendet werden.

Weiter wird als innovationshemmend gerügt, dass neue Wirkstoffe, die mit anderen nicht vergleichbar sind, einer nicht adäquaten Vergleichstherapieuntersuchung ausgesetzt werden.

Es wird gerügt, dass ein bloßer Hauptaugenmerk der Nutzenbewertung auf harte Endpunkte (Mortalität/Morbitität) gerichtet wird, obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich die Berücksichtigung der Lebensqualität als patientenrelevantes Kriterium vorsieht und in den sozialrechtlichen Vorschriften ausgeführt ist, dass den Belangen der chronisch Kranken besondere Berücksichtigung gegeben werden muss. Dies umfasst gerade die sozialen Auswirkungen umfassend.

Der Deutsche Diabetiker Bund e. V. fordert dementsprechend die Erstellung eines kompromissfähigen Erhebungsbogens zur Lebensqualität und allen anderen weichen Endpunkten, die insbesondere auch den Auswirkungen in andere Sozialversicherungszweige Rechnung tragen, was einzuholende Studien und deren Auswertung anbelangt.

Die kurze Verfahrenslaufzeit zur Nutzenbewertung von derzeit etwa sechs Monaten ist nach Auffassung des Deutschen Diabetiker Bundes e. V. zu kurz, um aus dem Versorgungsgeschehen abzuleitende Resultate angemessen bewerten zu können. Hier muss gesetzgeberisch Sorge dafür getragen werden, dass im Sinne maßvollen Gesetzesvollzuges eine großzügige Bewertung mit anschließender Nachreichungsmöglichkeit weiterer Nachweise unter Berücksichtigung des Versorgungsgeschehens zur Regel wird.

5. Selbsthilfeförderung

Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. fordert eine Neuregelung des § 20 c SGB V.

Angesichts sich herausbildender neuer Organisationsformen, die die Einflussnahme insbesondere von Leistungserbringerseite verdecken, wird eine gesetzliche Definition für den Begriff Selbsthilfe gefordert.

- Die Selbsthilfeförderung muss angesichts der gewachsenen Aufgaben der Selbsthilfe und insbesondere der Bedeutung der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 140 f SGB V auf 2,00 € kopfbezogen erhöht werden.

- Die Selbsthilfeförderung ist verlässlich und unbürokratisch auszugestalten. Die Selbsthilfeförderung darf keine bloße Fehlbedarfsfinanzierung bleiben.

- Der Dualismus der Kassensysteme bei der Förderung ist nicht länger hinnehmbar, die privaten Krankenkassen müssen zwingend an der Selbsthilfeförderung beteiligt werden.

- Die Kontinuität der Pauschalförderung ist zu gewährleisten und ihr jeweiliger Anteil zu erhöhen.

- Im Hinblick auf wahrzunehmende Aufgaben sind die gestellten Förderanträge zeitnah zu bescheiden.

6. Erprobungsregelung

Gegenüber dem neuen Patientenbeauftragten sowie dem Bundesgesundheitsministerium wird die Vollzugspraxis der gesetzlichen Aufgabenzuweisung „Erprobungsregelung" an den G-BA gerügt und insoweit gesetzgeberisches Eingreifen verlangt. Einer Methode, die neu ist, kann, wenn seitens des G-BA eine evidenzbasierte Vermutung eines Nutzens für den Patienten besteht, selbst Evidenz verschafft werden mittels einer Erprobungsstudie, wenn der G-BA Potenzial sieht, also die evidenzbasierte Vermutung eines Nutzens für den Patienten besteht. Speziell der Proteomanalyse wird seitens des Deutschen Diabetiker Bundes e. V. zum Zwecke der Früherkennung diabetesbedingter Nierenveränderungen ein entsprechendes Potenzial zugebilligt. Es ist gesetzgeberisch sicherzustellen, dass Tendenzen entgegengewirkt wird, die zu hohe Anforderungen an das Vorliegen von Potenzial stellen und darauf hinauslaufen, schon in diesem Stadium eine abschließende negative Nutzenbewertung vorzunehmen.

7. Hilfsmittelversorgung

Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. wendet sich gegen ausschließlich an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtete Ausschreibungen durch Krankenkassen im Hilfsmittelbereich, die zum Teil zu erheblichen Qualitätseinbußen bei den zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln führen können.

Hilfsmittelversorger sind häufig gar nicht in der Lage, dringend benötigte Hilfsmittel unmittelbar verfügbar bzw. lieferbar zu halten. Der Deutsche Diabetiker Bund e. V. verlangt dementsprechend Ausschreibungen, die an den Bedürfnissen der Betroffenen ausgerichtet sind. Gesetzlich eingeführt werden muss eine Auskunftspflicht der Krankenkasse gegenüber den Selbsthilfeverbänden über den Inhalt der entsprechenden Verträge mit den Hilfsmittelversorgern.

8. Selektivverträge

Selektivverträge müssen zurückgedrängt werden. Über das Vorantreiben von Selektivverträgen wird das, was gesetzgeberisch bei der Schaffung der Patientenbeteiligung verlangt wurde, an Einführung von Betroffenenkompetenz, systematisch in den Hintergrund gedrängt und die Beteiligung der Patienten ausgehebelt. In keinem Stadium ist der Selbsthilfeverband Deutscher Diabetiker Bund e. V. an der Ausgestaltung der Verträge beteiligt, er berät nicht mit und hat noch nicht einmal einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der getroffenen Regelungen. Diese sind jedoch inhaltlich in medizinischer und sozialer Sicht entscheidend, was die Verwirklichung der Patientenbelange und damit die Sicherung sozialer Teilhabe angeht.